Preisblase bei Immobilien

In der Presse ist immer wieder zu lesen, dass eine Preisblase droht. Wenn sie jedoch näher recherchieren, werden Sie feststellen, dass so gut wie keine konkreten Definitionen existieren, die eine Preisblase und deren Voraussetzungen definieren.

"Was eine Immobilienblase ist, weiß man erst, wenn sie geplatzt ist."
so der Wirtschaftswissenschaftler Roland Döhrn auf der HP von detektor.fm

Abgesehen von einigen hochwissenschaftlichen Erläuterungen, die nur für Statistiker verständlich sind, sagt z.B. das Forschungs- und Beratungsinstitut Empirica, empirica-institut.de
welches sich unter anderem auch mit dem Immobilienmarkt beschäftigt, dass es keine allgemein anerkannte Definition für eine Preisblase gibt.

"Die Wahrscheinlichkeit für eine Blase ist aber umso höher, je eher
• die Kaufpreise schneller als die Mieten steigen,
• die Kaufpreise schneller als die Einkommen steigen,
• in spekulativer Erwartung immer mehr Wohnungen gebaut werden,
• immer mehr Kredite aufgenommen werden."
Zitat empirica aus deren HP: http://www.empirica-institut.de

Die letzteren beiden Parameter treffen in Deutschland nicht oder nur bedingt zu, da zwar die Kreditaufnahmen trotz der Verschärfungen bei der Kreditaufnahme durch die Wohnraum Immobilienkreditrichtlinie gestiegen sind, allerdings werden keine Wohnungen über den Bedarf hinaus gebaut. Eher im Gegenteil werden insbesondere in den Ballungsgebieten zu wenige Wohnungen neu errichtet.

Daher gehen die meisten Experten derzeit davon aus, dass bis auf wenige Ausnahmen in Großstädten wie Frankfurt oder München keine Preisblase existiert. Auch das DIW (DIW Berlin - Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e. V.) hat bereits im Jahr 2014 festgestellt, dass in Deutschland trotz stark steigender Immobilienpreise keine gesamtwirtschaftlich riskante Spekulationsblase festzustellen ist. Steigen aber die Immobilienpreise in den regionalen Teilmärkten besonders stark, das heißt explosionsartig, so kann das als erstes Indiz für eine spekulative Preisblase gewertet werden, so das DIW.

Soweit die Mieten jedoch gleichermaßen stark ansteigen, ist die Preisentwicklung einer erhöhten Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt geschuldet und damit höchstwahrscheinlich nicht durch spekulative Motive getrieben.

Ein deutliches Zeichen für eine spekulative Preisblase wird nur dann gesehen, wenn die Preise für Immobilien, nicht aber die Mieten stark ansteigen. (vgl. Studie des DIW: Stark steigende Immobilienpreise in Deutschland - aber keine gesamtwirtschaftlich riskante Spekulationsblase von Konstantin Kholodilin, Claus Michelsen und Dirk Ulbricht).

Im Rahmen der Studie, die sich teils auch auf Studien der bulwiengesa aus München stützt, wurde z.B. für Mainz als auch Frankfurt am Main festgestellt, dass hier die Preise sowohl im Bestand als auch im Neubau explodiert sind.

Dies kann ich als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger und Gutachter für Immobilienbewertung insbesondere für den Mainzer und auch Frankfurter Markt bestätigen.

Hier haben sich die Preise für Immobilien, die mir aufgrund häufiger Immobilienbewertungen und einem regelmäßigen Einblick in die Kaufpreissammlung beim Gutachterausschuss gut bekannt sind, innerhalb weniger Jahre im Zeitraum 2010 bis 2015 nahezu verdoppelt. So sind z.B. die Preise für Eigentumswohnungen in der Lage Am Katzenberg in Mainz Finthen, die nicht unbedingt als Premiumlage bekannt ist, von 2010 im Mittel noch € 900,-- je m² Wohnfläche auf im Jahr 2016 ca. € 1.600,-- gestiegen (= ca. 77 % Steigerung in nur 6 Jahren), wobei in der Spitze bereits bis in einem Einzelfall ca. € 2500,-- je m² gezahlt wurde!!

Hier sei an die alte Kaufmannsregel erinnert, der Gewinn liegt im Einkauf.

Dies mag auch das folgende Beispiel an Hand konkreter Daten aus dem aktuellen Grundstücksmarktbericht der Stadt Mainz 2016 belegen:

Durch die Niedrigzinspolitik der EZB sind die Zinsen für Baukredite deutlich gesunken. "Sodass die niedrigen Zinsen vielen Menschen vorgaukeln, sie könnten sich jetzt eine teure Immobilie leisten." Weil Anleihen wegen der Geldpolitik kaum noch etwas abwerfen, weichen vermögende Anleger zudem auf Immobilien aus. "Über mehrere Kanäle facht die EZB die Häuserpreise in Deutschland an", sagte der Chef-Ökonom der Commerzbank, Volkswirt Jörg Krämer.

Noch nie waren Immobiliendarlehen so günstig wie heute. Für einen Immobilienkredit mit zehn Jahren Zinsbindung zahlen Käufer derzeit je nach benötigter Kredithöhe bei z.B. einer 80 % Finanzierung nur noch rund 1,2 % Prozent Zinsen im Jahr - und damit fast nur ein Drittel von dem was sie noch vor fünf Jahren gezahlt hätten. Traumhaft für Immobilienkäufer sollte man meinen. Das macht den Bau oder Kauf einer Immobilie auch für Durchschnittsverdiener erschwinglich, so locken viele Anbieter von Immobilien.

Ist das denn richtig trotz der gestiegenen Immobilienpreise? Im ländlichen Raum, wo die Verkehrswerte bzw. Kaufpreise von Immobilien kaum oder nur gering gestiegen sind ist dies sicher richtig. In Ballungsräumen wie z.B. in Mainz ist dies jedoch schlichtweg falsch.

Im Jahr 2007 kostete ein durchschnittliches Reihenhaus (Neubau) in Mainz noch € 215.639,-- (siehe Grundstücksmarktbericht der Stadt Mainz 2016 (pdf), Seite 94). Ein vergleichbares Reihenhaus (Neubau) im Jahr 2015 kostete bereits € 434.960,-- (= € 219.329,-- Preissteigerung in nur 8 Jahren = 102 % !!!). Zusätzlich wurde die Grunderwerbsteuer von damals noch 3,5 % auf 5 % angehoben. Gleichzeitig sind aber die Zinsen für eine 10-jährige Zinsbindung von 4,5 % p.a. in 2007 auf nur noch rund 1,5 % im Jahr 2015 gefallen.

Wie sich dies auf Ihre monatliche Belastung auswirkt, zeigt der vereinfachte Finanzierungsplan:

2007
Kauf eines RH mit 20 % Eigenkapital

Kaufpreis Reihenhaus215.639,00 €

Nebenkosten
Grunderwerbsteuer3,50 %  7.547,37 €
Notar/Grundbuchkosten  1,50 %        3.234,59 €
Gesamtkosten226.420,95 €

abzüglich Eigenkapital-45.000,00 €

                       
Finanzierungssumme181.420,95 €

finanziert zu5,50 %     incl. 1 % Tilgung
10 Jahre fest
hieraus resultierende jährliche Belastung9.978,15 €

monatliche Belastung831,51 €

Bei einer 1-%igen läuft das Annuitätendarlehen insgesamt ca. 38 Jahre, die Restschuld nach Auslauf des Darlehens in 10 Jahren beträgt ca. € 159.000,--.



2015
Kauf eines RH mit 20 % Eigenkapital

Kaufpreis Reihenhaus434.960,00

Nebenkosten
Grunderwerbsteuer5,00 %21.748,00 €
Notar/Grundbuchkosten  1,50 %      6.524,40 €
Gesamtkosten463.232,40 €

abzüglich Eigenkapital-92.000,00 €
                       
Finanzierungssumme371.232,40 €

finanziert zu3,50 %     incl. 2 % Tilgung
10 Jahre fest
hieraus resultierende jährliche Belastung12.993,13 €

monatliche Belastung1.082,76 €

Bei einer 2-%igen Tilgung läuft das Annuitätendarlehen ebenfalls ca. 38 Jahre, die Restschuld nach Auslauf des Darlehens in 10 Jahren beträgt ca. € 291.000,-- Bei einer nur 1-%igen Tilgung, die kaum noch bewilligt wird, würden Sie fast 62 Jahre zahlen, d.h. Ihre Kinder oder Enkel müssen die Schuld weiter abtragen )



Das Beispiel zeigt eindrucksvoll, dass Sie im Jahr 2015 /2016 für die gleiche Immobilie mehr als das Doppelte zahlen, darüber hinaus mehr als doppelt so viel Eigenkapital aufbringen müssen bei einer trotz der niedrigeren Zinsen deutlich höheren monatlichen Belastung.

Sollten Sie älter als 40 Jahre sein, könnte Ihnen zusätzlich die Wohnraumkreditrichtlinie einen Strich durch die Rechnung machen, da dann die 2-%ige Tilgung nicht ausreicht um innerhalb Ihrer Lebenserwartung das Darlehen zurückzahlen zu können. Dann müssten Sie noch höher tilgen.

Spannend wird es dann bei Auslauf der Zinsbindung, denn dann haben Sie immer noch eine doppelt so hohe Restschuld mit dann einer unter Umständen deutlich höheren monatlichen Belastung, wenn die Zinsen wieder steigen sollten.

Als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger und Gutachter für Immobilienbewertung nehme ich im Rahmen der Erstellung der Verkehrswertgutachten, wenn dies opportun erscheint, regelmäßig Einblick in die Kaufpreissammlung beim Gutachterausschuss. Hierbei fällt mir auf, dass manche Immobilienkäufer ihre Immobilien bereits nach einem Jahr weiter veräußern und dann Mehrpreise von teilweise bis zu 50 % erzielen. Insbesondere war dies für Käufe in den Jahren 2014 und 2015 häufig festzustellen.

Vor dem Hintergrund der drohenden Preisblase plant daher die Bundesregierung ein Gesetz, das eine Immobilienblase verhindern soll.

Der starke Preisanstieg auf dem Immobilienmarkt beunruhigt Politiker und Bankenaufseher. So will sich die Bundesregierung mit einem Gesetz gegen künftige Immobilienblasen wappnen.

Dazu hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen Gesetzentwurf vorgelegt. "Gesetz zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Darlehensvergabe zum Bau oder zum Erwerb von Wohnimmobilien zur Stärkung der Finanzstabilität"

Die Regelungen sollen der deutschen Bankenaufsicht (BAFIN) Möglichkeiten geben, bei Anzeichen für eine Immobilienpreisblase die Anforderungen an die Kreditvergabe zu erhöhen. Man fragt sich jedoch wie die Regierung die Immobilienblase feststellen will, da es ja wie bereits oben erläutert, keine Definition gibt.

Unter anderem kann dann verlangt werden, dass die Banken ein höheres Eigenkapital bei den Kaufinteressenten einfordern. Insoweit bedeutet dies dann eine Verschärfung der sowieso schon umstrittenen Wohnraumkreditrichtlinie.

Allgemein erwarten die Finanzexperten bereits für das Jahr 2017 einen moderaten Anstieg der langfristigen Zinsen.

Im historischen Vergleich sind die Bauzinsen in Deutschland zwar noch immer extrem niedrig. Doch seit einigen Wochen sind sie bereits wieder leicht gestiegen. Nach Daten der FMH-Finanzberatung (index.fmh.de) kostet derzeit ein Hypothekendarlehen mit zehnjähriger Zinsbindung im Bundesdurchschnitt 1,33 Prozent. Im Oktober vergangenen Jahres waren es im Rekordtief nur 1,03 Prozent. (Quelle FAZ net vom 03.01.2017)

Weiter schreibt die FAZ: "Die Banken rechnen damit, dass sich die Zinsen in Deutschland mehr als verdreifachen. Im Vorjahr hatten sie den Anstieg allerdings überschätzt".

Vieles spricht daher dafür, dass die Zinskurve von langfristigen Anleihen 2017 steiler wird. Das bedeutet, vor allem die langfristigen Zinsen steigen. Die kurzfristigen Zinsen, die sich enger an den Leitzinsen orientieren, bleiben niedriger zumal die EZB kurzfristig keine Absicht hat, ihre expansive Geldpolitik kurzfristig zu ändern. Die Zinsen für Sparguthaben und Tagesgeld, die sich stärker an den Leitzinsen orientieren, dürften dagegen zum Leidwesen vieler Sparer weiter niedrig bleiben.

Für Verbraucher heißt das: Die Zinsen für Baudarlehen, die sich recht eng an den Kapitalmarktzinsen orientieren, würde im Jahr 2017 wieder etwas höher ausfallen.

Inwieweit sich dies auf die Hauspreise auswirken wird ist derzeit noch nicht abzusehen. Es ist aber klar, dass bei höheren Zinsen die Nachfrage rückläufig sein wird, da dann ein Teil der Käuferschicht wegbricht, nämlich die, die durch das Raster der Bonitätsprüfung fallen weil sie kein Darlehen mehr erhalten weil die monatliche Belastung weiter steigt.

Bei dem o.g. Beispiel bedeutet eine 1 % ige Zinssatzsteigerung bereits eine monatliche Mehrbelastung von rund € 300,--.

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